Wer in Glashütte im Restaurant »Zum Silberstollen« einen »Bergmannsschmaus« bestellt, dem serviert die Kellnerin auf einem Holzteller ein doppelt faustgroßes annähernd kugeliges Graubrot. Ein Deckel ist herausgeschnitten und der ausgehöhlte Laib ist mit herkömmlichem Schweinegulasch gefüllt: Fleisch, Paprika, Tomaten, sacht scharf. Das mag sich unspektaklär anhören, lohnt aber vielleicht einen kurzen Abstecher:
Auf dem Weg über den Berg von Glashütte nach Reinhardtsgrimma liegt die Hirtenwiese, heute ein Kiefernwald, in dem auf ein paar hundert Quadratmetern immer wieder versperrte Stolleneingänge in den Berg weisen. In der Zeit als Kolumbus nach Amerika aufbrach, begann man hier nach Silber zu schürfen. Ergiebig waren die Minen nicht. Zu den größten Vorkommen gehörten Adern mit einem Ausmaß von einem Meter über eine Länge von 600 Metern, aber auch eine Ader von nur zehn Zentimetern Ausmaß über 100 Meter. Die Vorkommen waren bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts weitgehend abgebaut und Glashütte blieb lange Zeit einer der ärmsten Orte des Erzgebirges.
Beim Nähertreten strömt ein kalter Hauch aus den schmalen, verhutzelten Zugängen, der selbst im sommerlich warmen Wald frösteln macht. Da die Bergarbeiter noch einen längeren Weg durch den feuchten, dunklen Tunnel zur Schürfstelle zurückzulegen hatten, diente das Brot beim »Bergmannsschmaus« als eine Art Urform der Tupper-Dose, die außerdem die Mahlzeit länger warm hielt. Der Gedanke, sich auf diese Weise zu behelfen, dürfte naheliegend gewesen sein, weil die Bergarbeiter damit eine der ältesten Zubereitungstraditionen aufgriffen, Gerichte im Teigmantel zu zubereiten.
In den Zinnminen an der Nordküste Cornwalls setzte sich eine ähnliche Idee durch. In die meist weitaus größeren Minen, die teilweise über zwei Kilometer unter die See vorgetrieben wurden, nahmen die Bergleute ihr Essen aber nicht im Brot, sondern eingebacken in Teig mit. In Cornwall hatte die Pastete zudem zwei Abteilungen, eine für die Hauptmahlzeit, die andere für den Nachtisch.
Beim »Bergmannsschmaus« in Glashütte gibt es keine zweite, süß gefüllte Kammer, statt dessen kommt Schmalz auf den Tisch, damit der Rest des Brotes nicht ganz so trocken schmeckt.
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