Grenzen

Zusammen gehalten von einer Uniform. tressenbewehrt, mit Sternchen und Streifen geschmückt, ausgestattet mit Stempeln und Waffen, bilden Grenzer die Außenposten der Bürokratie eines Landes. Innerhalb der EU schwinden die Grenzstellen, doch auf dem Weg von Norddeutschland Richtung Südost überquert man eine ganze Reihe von Grenzen, die weniger deutlich markiert sind und von denen sich manche abrupt bemerkbar machen, während andere sich unmerklich zu ergeben scheinen.

Mit dem tschechischen Schienenbus ging's von der Elbe bis zur Labe
Mit dem tschechischen Schienenbus ging's von der Elbe bis zur Labe

Das erste was an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien merklich auf der Strecke bleibt, ist das Aufgeräumte: Auf dem großen Platz in der kleinen Stadt Litoměřice darf Gras in den Fugen des schwarzen Kopfsteinpflasters wachsen. Das sieht nicht nur hübsch aus, sondern sorgt auch für einen Zug von Gelassenheit.

Da man in weiten Teilen Europas heute mit dem Euro bezahlt, wächst das Erstaunen am ersten tschechischen Bankautomaten mit der Höhe der angebotenen Beträge: 500, 1000, 2000 5000. Erst die Erinnerung an den Umrechnungskurs von rund 25 Kronen für einen Euro ernüchtert wieder. Der Flickenteppich der Währungen setzt sich weiter fort: in der Slowakei gilt wieder der Euro, in Ungarn sind die Preise in Forint angegeben, in Serbien zahlt man mit Dinar, in Bulgarien sind es Leva.

Eine geographische Grenze könnte glatt unbemerkt bleiben, wenn man nicht besonders darauf achtete: Im Lauf der Zugfahrt von Prag nach Bratislava wechseln die Flüsse die Richtung. Fließen sie zunächst dem Zug entgegen, folgen sie ihm etwa ab der Hälfte der Strecke auf dem Weg nach Süden. Auf Brünn zu hat der Zug die europäische Wasserscheide überquert und das Wasser fließt jetzt nicht mehr in den Atlantik oder die Nordsee. Statt dessen würde, spuckte man hier in den Fluss, das Sekret im Schwarzen Meer landen.

In Ungarn kam ich nicht ohne schlechtes Gewissen aus der Bahn, in den Bus, oder auf die Rolltreppe. Wo immer sich ein kurzer Stau bildete, standen die anderen zurück, sobald ich eine Vor­wärts­bewe­gung andeutete. Nirgends Gedrängel, nirgends Hast. Auch beim Überqueren der Straße, wenn die ankommenden Autos noch weit genug entfernt scheinen, gibt man ihnen die Chance, einem den Vortritt zu lassen (was sie häufig tun). Und so quälte mich laufend die Frage, ob ich bei der letzten Gelegenheit nicht doch mehr Geduld hätte aufbringen sollen.

Bier, pivo, sör, пиво, бира
Jever, Alter Dessauer, Beck's, Radeberger, Schwarzer Steiger
Pilsner Urquell, Staropramen, Budweiser
Krušovice, Heineken
Dreher, Borsodi, Heineken, Soproni
Jelen, Lav, Beck's, Nikšićko
Zagorska, Heineken, Kamenitza

Auf die Frage, ob ihr Restaurant am nächsten Tag ebenfalls geöffnet habe, schüttelt die Kellnerin in Sofia den Kopf und für einen Moment will sich Enttäuschung breit machen, weil der Widerspruch zu dem, was sie sagt, »Da« (ja), zusätzlich verwirrt. Erst die Erinnerung an die Eigenart der Bulgaren, den Kopf zu schütteln, wenn sie ja meinen, sorgt für beiderseitiges Grinsen.

Die ersten Knödel tauchen kommentarlos in Halle auf der Karte auf. Die Nähe zu Ungarn lässt sich an den zunehmenden Gulaschvariationen und einer wachsenden Vorliebe für Paprika ablesen. An der Fleischlust der Serben nehmen die Nachbarn im Norden und im Süden Anteil und preisen die mächtigen Grillplatten mit Cevap, Kebab, Hähnchenfilet und Schweinefleisch an. In Serbien gibt es bereits "Albanischen Salat" (geröstetes Brot mit Öl beträufelt; die Albaner bereiten ihn wohl etwas anders zu). In Bulgarien wächst die Vorliebe für Joghurt (allerdings noch nicht zu dem verschwenderischen Ausmaß wie in der Türkei), und Ayran (säuerlicher Joghurt mit Wasser und gerne auch mit Salz verrührt) gehört bereits zu den normalen Erfrischungsgetränken.